Volker, Du hast einen schottischen Vater und eine lippische Mutter: Mal ehrlich – wem drückst Du beim Fußball die Daumen?
Ganz klar: England!
Warum nicht Schottland?
Ach, das nehme ich nicht so genau (lacht). Mein Vater würde jetzt wieder sehr viel Wert darauflegen, dass ich halber Schotte bin. Ich sehe das entspannter und betrachte mich einfach als halben Briten, der hier in Deutschland als Soldatenkind aufgewachsen ist. Aber mal im Ernst: Bei der nächsten WM werde ich wohl doch eher Deutschland die Daumen drücken. Die Mannschaft hat sich im Vergleich zum Spiel der Engländer doch enorm weiterentwickelt, die leider bei diesem Kick-and-Run stehen geblieben sind. Was die Briten den Deutschen aber sicher noch immer voraus haben, ist dieser Kampfgeist und sehr spezielle Elan.
Du selbst machst auch viel Sport, hattest aber auch Pech mit Unfällen ...
Das stimmt. Früher bin ich auf eine britische Schule gegangen und dort habe ich viel Rugby gespielt. Das ist – entgegen aller Klischees – ein echter Gentlemansport. Denn Rugbyspieler wissen genau, wie sie einem wehtun und vermeiden es daher. Das hat etwas mit Respekt zu tun. Später auf der deutschen Schule war Rugby kein Thema mehr und ich habe mich mit anderen Sportarten wie Badminton oder Raceboarden beschäftigt. Und das mit vollem Einsatz. Halbe Sachen liegen mir nicht so. Beim Raceboarden habe ich mir dann einmal meinen Unterschenkelkopf zertrümmert. Seitdem habe ich Arthrose im Knie und muss Stöße oder Stürze vermeiden. Mir wurde dann von Ärzten das Radfahren empfohlen.
Wie ging es dann weiter?
Normales Radfahren war mir schnell zu langweilig und nach zwei Jahren bin ich das erste Mal mit dem Mountainbike über die Alpen gefahren. Das hatte der Arzt mit seiner Empfehlung zum Radeln vermutlich nicht im Sinn (lacht). Später bin ich noch mehrfach über die Alpen gefahren und habe, als ich mein Haus baute, bewusst auf die Nähe zum Teutoburger Wald geachtet. Hier gibt es einfach jede Menge wunderschöne Strecken für Mountainbiker und Rennradfahrer. Leider hatte ich hier vor fünf Jahren dann meinen nächsten Unfall, bin unglücklich gestürzt und mit dem Kopf voran auf dem Boden aufgekommen. Der Kopf selbst blieb Dank des Helms glücklicherweise unverletzt. Der Stoß zog sich aber durch die ganze Wirbelsäule und hat einen Wirbelkörper zertrümmert. Gleichzeitig habe ich meine Zunge verschluckt. Wäre ich damals alleine gefahren, wäre ich also sicher gestorben. Ein Freund hat damals den Ersthelfer gemacht und mir so das Leben gerettet.
Wie steckt man solche Erlebnisse psychisch weg?
Ich bin überzeugt, dass man sich dem Thema so schnell wie möglich wieder stellen muss. Sobald es irgendwie ging, bin ich daher wieder Fahrrad gefahren und habe so schnell wieder an Sicherheit gewonnen. Vom Mountainbike bin ich nun aber aufs Rennrad umgestiegen. Schwimmen gehe ich auch, was gerade meinem Rücken sehr gut tut. Sport ist und bleibt also ein wichtiger Ausgleich für mich.
Auch beruflich gab es für Dich ja nicht immer nur Höhenflüge. Hast Du einen Tipp, wie man als Unternehmer mit Herausforderungen umgeht?
Ich habe im Laufe der Jahre einige massive menschliche Enttäuschungen erlebt. Das hing unter anderem mit meiner Exfrau zusammen, die hier im Unternehmen für ziemlichen Wirbel gesorgt hat, als ich sie damals verlies. Dennoch bin ich überzeugt, dass man aus jeder Krise gestärkt herausgehen kann – sofern man bereit ist, die Herausforderung aktiv anzupacken. Grundsätzlich ist aber vor allem ein starkes privates Umfeld wichtig. Ich habe mir zwar alles von Beginn an selbst aufgebaut, hätte das aber ohne meine Familie und ohne mein Team so nie geschafft. Mir war trotz aller Enttäuschungen auch immer wichtig, offen auf Leute zuzugehen. Als Brite fällt mir das sehr leicht und bei mir kommt noch ein gewisses Helfersyndrom dazu. Wenn ich Menschen unterstützen kann, dann mache ich das. Auch wenn ich selbst nichts davon habe. Ich bin aber überzeugt, dass gute Taten irgendwann auf die eine oder andere Weise belohnt werden.
Wolltest Du eigentlich schon immer Unternehmer werden?
Ich glaube, das Unternehmer-Gen hat man oder eben nicht. Und das ist auch völlig in Ordnung. Es wäre ja fatal, wenn jeder Mensch nur als Existenzgründer glücklich werden könnte. Eine Selbstständigkeit lässt sich außerdem nur selten richtig planen. Ich bin auch nicht eines Morgens aufgewacht und habe mir gesagt, dass ich gründen will. Man wächst da meist nach und nach rein, sollte sich allerdings schon sehr früh Gedanken machen, wohin die Reise gehen soll. Das ist auch etwas, was ich meinen Mitarbeitern auf den Weg gebe. Früher an Später denken ist enorm wichtig.
Welche Eigenschaften zeichnen denn einen guten Unternehmer aus?
Eine gewisse Risikobereitschaft ist wichtig. Wer nur auf Nummer Sicher geht, kommt nicht weit. Diese Risikobereitschaft muss aber immer mit einem starken Verantwortungsbewusstsein einhergehen. Skyline Express ernährt heute 42 Familien und das ist natürlich mit viel Verantwortung verbunden. Auch da muss man reinwachsen.
Hat Dich dieser Erfolg selbst überrascht?
Ja, so etwas lässt sich wie gesagt schlecht planen (lacht).
Hast Du eigentlich Vorbilder?
Vorbild ist immer so ein großes Wort. Den Gründer von Virgin, Richard Branson, finde ich klasse. Steve Jobs und Elon Musk sind natürlich auch inspirierend, aber keine direkten Vorbilder für mich.
Trotz der aktuellen Krisen sucht ihr ständig neue Mitarbeiter …
Ja, absolut! Das Problem ist nur: Hier im wunderschönen OWL fallen gerade die Luft- und Seefrachtspezialisten nicht vom Himmel. Und was uns auszeichnet, ist eine ganzheitliche Denke. Wir sind eben nicht nur auf einen Logistikbereich spezialisiert, sondern decken alles ab. Leute zu finden, die ähnlich ticken, ist nicht einfach. Prinzipiell sind mir der Charakter des Menschen und seine Werte eh wichtiger als seine Expertise. Deshalb machen wir hier auch mit engagierten Quereinsteigern sehr gute Erfahrungen. Hinzu kommt, dass unsere Kunden auf der ganzen Welt verteilt sind. Ich schaue also morgens als erstes aufs Handy und informiere mich, was in Asien oder Amerika so über die Nacht passiert ist. Ein motivierter Mitarbeiter tut das dann – natürlich in abgeschwächter Form – auch. Wir suchen quasi „Unternehmer im Unternehmen“. Das bringt es gut auf den Punkt. Eben Leute, die selbstständig denken und nicht nach der Stechuhr arbeiten.
Das klingt nicht nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance.
Ich will es mal anders formulieren: Ich brauche niemanden mit dem Mindset eines Beamten. Mir ist wichtig, dass die Arbeit erledigt wird. Wann genau das passiert, ist dabei eher zweitrangig. Beispiel Homeoffice: Da wird dann vielleicht zwischendurch mal das Kind von der Kita abgeholt und sich dann eben abends eine halbe Stunde länger an den Rechner gesetzt. Flexibilität ist bei uns immer schon ein großer Vorteil gewesen, den wir unserem Team bieten. Wenn die Aufträge laufen und die Kunden zufrieden sind, kannst du meinetwegen auch um 15 Uhr nach Hause gehen. Das Ergebnis zählt. Wir denken auch intensiv über die Einführung einer Viertagewoche nach und testen, inwieweit das für uns umsetzbar ist.
Flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice erfordern Vertrauen. Gibst Du Deinem Team hier eine Art Vertrauensvorschuss?
Ja absolut. Dazu gehört auch, dass Zeugnisse und Noten in unserem Bewerbungsverfahren keine Rolle mehr spielen. Ich habe schon zu oft erlebt, dass wir früher Menschen abgelehnt haben, die eigentlich hervorragend zu uns gepasst hätten, nur weil die Noten nicht exzellent waren. Das ist heute anders. Heute schaue ich mir jeden, der sich bei uns bewirbt, persönlich an und will ihn kennenlernen. Nur so finden wir die passenden Mitarbeiter.
Ihr bildet auch aus. Warum ist der Logistiksektor trotz aller Krisen und Herausforderungen attraktiv für Berufseinsteiger?
Ganz einfach: Jeder Tag ist anders. Jeder Kunde ist anders und jeder Auftrag ist anders. Man muss teilweise richtig komplexe Probleme lösen und das auch für Kunden, die einen früher vielleicht nicht für voll genommen haben. Ich habe das ja selbst erlebt. Gerade in jungen Jahren lernte ich Manager aus den USA kennen, die einem alles Mögliche versprochen haben, aber die Aufträge dann doch an die großen Fische vergeben haben. Später haben diese Manager dann teilweise Probleme gehabt, die schnell gelöst werden mussten und wir haben das dann umgesetzt. So entsteht Vertrauen und an so etwas wächst man. Außerdem ist die Logistik eine sehr zukunftssichere Branche. Ohne die Logistik geht nichts in der globalen Wirtschaft. Solange das Beamen nicht erfunden wurde, werden unsere Leistungen nachgefragt und die Karriereperspektiven sind ausgezeichnet.
Was hältst Du eigentlich von der Idee, Kurzstreckenflüge zu verbieten?
Fiese Frage (lacht). Grundsätzlich finde ich die Idee gut. Ich bin ja seit mehr als 30 Jahren Greenpeace-Mitglied und natürlich ist es völlig bekloppt, für einen Inlandsflug 45 Minuten in einen Flieger zu steigen. Leider sind die Alternativen schlecht. Die Züge sind zu langsam und das Zugfahren selbst zu teuer. Hier müsste man vorher ansetzen.
Bei Greenpeace würde man keinen Logistik-Unternehmer erwarten …
Die Realität sieht nun einmal so aus, dass Sachen von A nach B bewegt werden müssen. Aber wir bemühen uns schon, das so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Unsere Fahrzeuge sind Hybrid- oder E-Mobile und auf unseren Dächern sind PV-Anlagen installiert. Außerdem fördern wir als erster deutscher Luftfracht-Spediteur gemeinsam mit der Air France die Entwicklung von umweltfreundlichen Flugzeugtreibstoffen. Diese sogenannten Sustainable Aviation Fuels (SAF) reduzieren CO2-Emissionen um bis 85 Prozent. Außerdem haben sie keine negativen Effekte auf die Artenvielfalt und sie enthalten keine Grundstoffe, die zur Nahrungsmittelproduktion geeignet wären. Auf dieses Engagement sind wir sehr stolz.
Du hast fast jedes Land auf der Welt bereist. Könntest Du Dir vorstellen eines Tages auszuwandern?
Zunächst einmal ist das viele Reisen natürlich ein Vorteil, den die Arbeit bei uns mit sich bringt. Wer also viel von der Welt sehen möchte, ist bei Skyline Express genau richtig. Ich bin aber ganz ehrlich: Jedes Mal, wenn ich nach einer Reise um die halbe Welt nach Deutschland komme und aus dem Flieger steige, denke ich: „Was für eine herrlich frische Luft“ (lacht). Eine total banale Sache, aber wer wie ich viel von der Welt gesehen hat, wird mich verstehen. Also ja: Ich liebe es, verschiedene Kulturen kennenzulernen und hatte mich auch in das britische Hong Kong verliebt, würde aber nie auswandern wollen. Dafür bin ich in Deutschland viel zu glücklich. Hier in OWL sind meine Wurzeln.
Was ist Deiner Ansicht nach eine unterschätzte Qualität von Ostwestfalen-Lippe?
Ich bin ja halber Lipper und halber Schotte. Beide sind für ihre Sparsamkeit bekannt. Geizig bin ich nicht, dafür aber ziemlich stur und das ist auf jeden Fall eine unterschätzte Qualität, die diese Region auszeichnet und die dafür sorgt, dass wir in OWL so erfolgreich sind. Außerdem haben wir hier mit dem Teutoburger Wald eine wunderschöne Natur und ein wahnsinnig vielfältiges kulturelles Angebot. OWL selbst ist also auch immer eine Reise wert!